Nachhaltige Entwicklung bedeutet, dass unsere Bedürfnisse heute erfüllt werden können, ohne zukünftigen Generationen zu schaden. Das wird auch oft durch den Begriff „enkeltaugliche Zukunft“ ausgedrückt. Im September 2015 verständigte sich die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. (Das Umweltbundesamt 2019)
Mit Hilfe dieser Größen soll eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene gesichert werden. Eine Entwicklung also, die es Menschen überall auf der Welt ermöglicht, ein Leben ohne Armut und mit hoher Lebensqualität zu führen, ohne die Erde dabei über ihre Kapazitäten zu belasten.
Dafür ist es unerlässlich, die Grenzen unserer Erde zu respektieren. Diese werden auch „planetare Grenzen“ genannt und stellen wissenschaftlich ermittelte Grenzwerte dar. Ihre Einhaltung ist nach herrschender Lehrmeinung erforderlich, um die Lebensgrundlagen des Menschen auf der Erde zu erhalten. Ein Beispiel ist der Anteil von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre, der maximal erreicht werden darf, um eine Temperaturerhöhung über 2° Celsius zu verhindern. (Das Umweltbundesamt 2019)
Wenn diese planetaren Grenzen überschritten werden, können Ökosysteme auf der Erde ins Wanken geraten. Dabei besteht die Gefahr, dass es sich um nicht umkehrbare Ereignisse handelt, die zur dauerhaften Destabilisierung des Ökosystems Erde beitragen. Fachleute sprechen in diesem Fall von Kipppunkten. Bei Übertretung eines solchen Punktes würden mindestens Teile der Erde weniger lebenswert werden und das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung würde in weite Ferne rücken.
Suffizienz, Konsistenz und Effizienz
Eine Herausforderung ist dabei der anhaltend starke Konsum insbesondere in den Industrieländern. Allerdings haben in den letzten Jahren erfreulicherweise viele Menschen angefangen, ihr Verhalten zu verändern. Sie achten nicht nur darauf, Ressourcen effektiver zu nutzen und sparsam einzusetzen, sondern auch weniger zu konsumieren.
Dieser Wandel, bei dem ein neues positives Gefühl der Genügsamkeit im Mittelpunkt steht, wird als Suffizienz bezeichnet. Sie ist neben Konsistenz und Effizienz eine der drei Nachhaltigkeitsstrategien. Das Ziel von Effizienz ist dabei, das gleiche Ergebnis mit weniger Input, zum Beispiel Treibstoff, zu erreichen. Konsistenz strebt danach, eine Kreislaufwirtschaft zu entwickeln und somit Ressourcen zu schonen. (BUND Landesverband Baden-Württemberg)
Reboundeffekte
Energie und Ressourcen effizienter einzusetzen, muss aber nicht zwangsläufig zur gewünschten Einsparung führen. Häufig haben vermeintlich ressourcenschonende Aktivitäten einen sogenannten Reboundeffekt. So erscheint beispielsweise das Streamen von Serien umweltfreundlicher als der Kauf von DVDs. Durch die Möglichkeit jederzeit Filme und Serien anzusehen, hat sich jedoch der durchschnittliche Filmkonsum pro Person erhöht – was zu einer Erhöhung im Stromverbrauch führte. Effizienzsteigerungen können also bei Menschen zu Nutzungsveränderungen führen und bewirken, dass mögliche Einsparungen beim Einsatz von Ressourcen nicht voll ausgeschöpft werden. (Das Umweltbundesamt 2019)
Vier E’s der Suffizienz
Ein suffizientes Leben wirkt sich in vier Dimensionen aus, den „vier E´s“: Entkommerzialisierung, Entflechtung, Entrümpelung und Entschleunigung. Die Begriffe stellen im Sinne von Leitplanken eine Hilfestellung dar, um den Alltag suffizienter zu gestalten.
Entkommerzialisierung ist eine Strategie, die darauf abzielt, dem Leben und Wirtschaften außerhalb von „Kaufen und Besitzen“ wieder mehr Bedeutung beizumessen. Das bedeutet, dass nicht alles, was unser Leben ausmacht, aus einem Supermarkt oder Online-Shop stammen und mit Geld bezahlt worden sein muss. Tauschen, Leihen, Schenken bzw. gemeinsam mit Freund*innen oder alleine Dinge selbst herzustellen, gewinnt stattdessen an Bedeutung.
Entflechtung fragt nach der Herkunft von Dingen und Distanzen: Häufig liegen Tausende Kilometer zwischen dem Produktions- und Verkaufsort einer Sache: In unserer globalisierten Welt kommen Tomaten aus Spanien, Milch mit etwas Glück aus dem Alpenraum und Obst im besten Fall aus Europa. Unseren Urlaub verbringen wir in einem Hotel, zu dem wir 10, 15 oder sogar 20 Stunden fliegen müssen. Entflechtung setzt an diesem Tatbestand an und fordert uns auf, die eigene Region und das Lokale wieder stärker wertzuschätzen. Einkäufe auf dem Wochenmarkt mit Obst und Gemüse aus der Region oder Freizeitaktivitäten in der Umgebung eröffnen völlig neue Möglichkeiten der Lebensgestaltung.
Das Prinzip der Entrümpelung verdeutlicht uns, dass wir in einer Überflussgesellschaft leben. Bei der Vielzahl unserer Konsumgüter verlieren wir die Übersicht und den Blick für das Wesentliche. Es lohnt sich daher innezuhalten und das Leben von nicht mehr benötigten Dingen zu befreien.
Das Postulat der Entschleunigung geht Hand in Hand mit dem der Entrümpelung. Denn unsere moderne Zeit ist von Hektik geprägt. Selbst die Gestaltung der Freizeitaktivitäten endet häufig in einer getakteten Abfolge und vollem Terminplan: Schwimmbad, Kino, Eiscafé, Shopping – alles an einem Tag. Eher lohnt es sich, den sprichwörtlichen Gang herunterzuschalten und sich auf das Wesentliche zu besinnen. (Wolfgang Sachs 1993 S. 69-71)
Die Suffizienzpyramide
Die Suffizienzpyramide – auch Anti-Verbraucher-Pyramide genannt – ist vor dem Hintergrund der aufgezeigten Problematiken und der damit verbundenen Lösungsansätze eine wichtige Hilfe: Mithilfe von unterschiedlich großen Segmenten verdeutlicht sie, in welchem Umfang bestimmte Konsum- und Verhaltensweisen zu einem suffizienteren Leben beitragen können. Mehr dazu hier.
Fazit: Auf das richtige Maß kommt es an
Suffizienz stellt einen notwendigen gesellschaftlichen Kulturwandel in den Mittelpunkt. Dieser verlangt nicht, in Armut, Hunger oder Askese zu leben. Stattdessen geht es um das richtige Maß der Bedürfnisbefriedigung vor dem Hintergrund knapper und wertvoller Ressourcen.