Deutsche Umweltstiftung (DUS): Liebe Kiezpoeten, wir freuen uns sehr, dass wir im Rahmen unseres digitalen Adventskalenders #TürchenzurNachhaltigkeit zusammenkommen. Unsere Community möchte euch näher kennenlernen. Wollt ihr uns kurze Einblicke geben, wer die Kiezpoeten sind?
Kiezpoeten (KP): Wir sind ein Kollektiv von Poetry Slam Künstlern und Veranstaltern aus Berlin. 2015 haben wir uns zusammengetan und begonnen, unsere Slams zusammenzuschließen, sind aber alle schon länger auf der Bühne aktiv. Heute organisieren wir den größten Anteil der Slams in Berlin und Brandenburg, vermitteln Künstler*innen für Kundenaufträge, veröffentlichen Anthologien und halten die Spoken Word Szene lebendig. Wir sind aber auch weiterhin Künstler und treten immer noch regelmäßig auf.
Im Kern bestehen wir aus Ortwin, Jesko und Samson: Ortwin schreibt humorvolle, schnelle Lyrik und organisiert viele unserer Slams mit einem Gespür für gute Locations, Jesko schreibt verträumte Lyrik und kümmert sich um Finanzen und Auftragskunden, Samson macht lustige Storytelling-Prosa und ist im Team für Fotografie und Design zuständig.
DUS: Wie entsteht eigentlich ein Poetry Slam Text?
KP: Das kommt drauf an – manchmal hat eine Idee, die einem schon brennend auf der Zunge liegt. Dann schreibt man ihn runter und ändert nur noch Kleinigkeiten nach den nächsten Auftritten. Manchmal brainstormt man aber auch aufwändig, was man zu einem bestimmten Thema sagen möchte, z.B. wenn wir einen Text für ein Überthema wie euren Adventskalender machen. Es ist auch einfach ein sehr individueller Prozess. Manche brauchen länger und überarbeiten mehrfach. Andere schreiben einen Text in einem Guss.
DUS: Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „#17Ziele Poetry Slam – wettstreiten und weltretten“ habt ihr bereits 2018 Nachhaltigkeit zum Thema gemacht. Was waren damals eure Beweggründe? Gab es ein persönliches Slam-Highlight?
KP: Diese Reihe haben wir ja im Auftrag von EngagementGlobal gemacht. Wir waren da aber auch gleich Feuer und Flamme für die Idee, weil es ein tolles Projekt war und wir es einfach für ein wichtiges Thema halten. Jesko hat auch Umweltsoziologie studiert und arbeitet seit langem in einer Kommunikationsagentur für Nachhaltigkeitsthemen – da lag das auch irgendwie auf der Hand. Das Highlight dabei war allgemein das Finale im Holzmarkt. Eine fantastische Location, in der wir schon immer mal spielen wollten, und die vom Flair genau dazu gepasst hat. Besonders außergewöhnlich war die Performance von Simeon Buß – der die Requisitenregel brach und einen 20-Euro-Schein eines Gastes im Rahmen seines Textes auf der Bühne verbrannte. (Der Gast bekam das Geld natürlich wieder.) Wir mussten ihn gemäß der Regeln disqualifizieren, aber das war künstlerisch spannend und von der Message sehr stark.
DUS: Nachhaltigkeit wird immer populärer. Findet sich der „Trend” auch vermehrt in den Texten wieder? Welche Rolle können Künstler*innen zur nachhaltigen Entwicklung beitragen?
KP: In Slam-Texten ist Nachhaltigkeit schon seit Jahren ein Thema. Da ist ein Poetry Slam auch ein bisschen Spiegel der Themen, die das Land bewegen. Und gerade wenn man die 17Ziele betrachtet, die ja neben ökologischer Nachhaltigkeit auch viele soziale Themen behandelt, dann sind die Bühnen voll davon. Einfach weil viele Künstler*innen auch eine Botschaft vermitteln wollen. Das heißt nicht immer, das man auf der Bühne Leute zum nachhaltigen Handel „konvertiert“ – aber oft bestärkt man die Zuschauer*innen mit so einem Text. Künstler*innen haben ja allgemein die Rolle, auf wichtige Themen aufmerksam zu machen, sie nicht nur rational sondern auch emotional zugänglich zu machen und die Bereitschaft für Kritik aber auch für neue Wege zu öffnen. Das hat unserer Meinung nach ganz viel mit Nachhaltigkeit zu tun.